Der Wohlfühlfaktor steckt im Mikrokosmos des Textils

Fasern sind die Grundbausteine eines jeden Textils, sozusagen deren Mikrokosmos. Sie bestimmen, wie sich ein Kleidungsstück auf der Haut anfühlt und wie wohl wir uns fühlen. Von ihnen hängt jedoch auch der ökologische Fußabdruck ab, angefangen von Anbau bzw. Gewinnung bis hin zur Entsorgung am Ende eines Kleiderlebens. Das alles ist ein Grund, diesen Mikrokosmos aus der Nähe zu betrachten.

Eine grobe Einteilung der Fasern

Jeder Faserstoff verfügt über ganz spezifische Eigenschaften, die ihn einzigartig machen. Diese sind abhängig von der jeweiligen Herkunft und der damit verbundenen Struktur. Fasern sind sehr feine Gebilde, deren Durchmesser in Mikrometer angegeben wird, bei Schafwolle sind dies z.B. je nach Schafrasse zwischen 15 bis 40 Mikrometern, Seide ist noch feiner mit ca. 10 bis 14 Mikrometer. Ein Mikrometer ist ein Tausendstel Millimeter. Durch Verspinnen und anschließendes Weben oder Stricken enstehen hieraus verschiedenste Stoffe, die wiederum durch Zuschneiden und Nähen zu Kleidung werden.

Die Textilfachleute unterteilen die Faserstoffe in Naturfasern und Chemiefasern.

Naturfasern sind entweder pflanzlicher Herkunft, wie z.B. Baumwolle, Flachs (Leinen), Hanf, Jute etc., oder sie stammen von Tieren, wie z.B. Wolle und Tierhaare von Schafen, Ziegen, Kaninchen, Alpakas usw. oder die Seide von den Raupen verschiedener Schmetterlingsarten.

Bei Chemiefasern unterscheidet man solche, die aus natürlichen, zellulosischen Rohstoffen (zumeist Holz) ersponnen werden, wie z.B. Viskose, Modal, Acetat, Lyocell, und solchen aus synthetischen Polymeren (in der Regel Erdöl), wie z.B. Polyester, Polyamid, Polyacryl oder Elastan.

Darüber hinaus gibt es noch Fasern aus Metall, Glas oder Kohlenstoff, die aber vornehmlich für technische Zwecke verwendet werden.

Wohlfühlfaktor und andere Kleinigkeiten

Bei der Suche nach Kleidung in Secondhand-Portalen fällt mir immer wieder auf, dass die meisten Anbietenden nicht angeben, aus welchen Materialien das Teil besteht. Dass bei gebrauchter Kleidung in Secondhand-Läden die Etiketten oftmals abgeschnitten sind, ist noch verständlich, weil insbesondere die namhaften Sportmarken ihre Etiketten so groß machen, dass dieser Text wahrscheinlich vollständig darauf passen würde, nur um in 20 Sprachen anzugeben, dass es sich um Polyester oder Poliester handelt. Man findet also wenig bis gar keine nützlichen Informationen über den Rohstoff der Kleidung.

Für mich ist der Faserstoff essenzielle Entscheidungsgrundlage dafür, ob ich mir ein Kleidungsstück kaufe oder nicht. Und das hat nicht zuletzt etwas mit dem Wohlfühlfaktor zu tun. Jeder Faserstoff vermittelt mir ein anderes Trage- und somit Wohlfühlgefühl. Ich weiß, dass ich in Polyester unangenehm schwitze, mir Viskose meistens zu kühl ist und Wolle mich sehr wärmt. Die meisten (nicht nur meiner) Kleidungsstücke sind aus Baumwolle.

Baumwolle mit einem leichten Elastan-Anteil behält besser die Form, als Teile aus reiner Baumwolle. Aber: Viele Teile aus meinem Kleiderschrank musste ich irgendwann nur deswegen entsorgen, weil das Elastan altersschwach geworden war und einst wunderschöne Shirts plötzlich Runzeln und Beulen zeigten. Auch die eigentlich unkaputtbaren Jeans haben mit Elastananteil eine deutliche kürzere Lebenszeit.

Bekleidungsphysiologischer Wohlfühlfaktor und Haltbarkeit sind aber nur zwei Punkte, die die verschiedenen Faserstoffe unterscheiden. Hinzu kommen ökologische Aspekte, die Arbeitsbedingungen bei Gewinnung sowie Verarbeitung der Rohstoffe und die Recyclingfähigkeit der Altkleider. Ein besonderes Problem für die Recyclingfähigkeit stellen übrigens Fasermischungen dar. Einmal miteinander versponnen, lassen sich die einzelnen Faserstoffe nicht mehr voneinander trennen, eine Rückführung in den Rohstoffkreislauf ist hierbei kaum möglich. Und ein Shirt mit Elastananteil verrottet eben auch nicht vollständig.

Ausblick

An dieser Stelle möchte ich nach und nach die gängigen Faserstoffe mit ihren Merkmalen und Eigenschaften beleuchten, in der Hoffnung, ein bisschen für die Besonderheiten und Herausforderungen zu sensibilisieren. 

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